Der Mount Everest ist mit 8848 Meter der höchste Berg der Erde. Er befindet sich im Mahalangur Himal an der Grenze zwischen der nepalischen Khumbu-Region und dem nördlich davon gelegenen Tibet. Auf beiden Seiten wird er von einem weitläufigen Schutzgebiet umgeben, auf nepalischer Seite vom Sagarmatha-Nationalpark, auf der tibetischen vom Qomolangma National Nature Reserve. Der Berg wurde nach dem britischen Landvermesser George Everest benannt, dem „Surveyor General of India“, Leiter der großen trigonometrischen Landvermessung Indiens durch die Briten Mitte des 19. jahrhunderts. Ältere, bei den Einheimischen gebräuchliche Bezeichnungen, wurden damals nicht berücksichtigt. Auf Nepali wird der Berg als Sagarmatha „Stirn des Himmels“, auf Tibetisch als Qomolangma „Mutter des Universums“ bezeichnet.
Historie
Historie
Die erste Besteigung des Berges gelang dem Neuseeländer Edmund Hillary und dem Nepali Tenzing Norgay am 29. Mai 1953 als Teilnehmer einer britischen Expedition. Der Südtiroler Reinhold Messner und der Österreicher Peter Habeler waren am 8. Mai 1978 die ersten Menschen, die den Gipfel ohne Verwendung von künstlichem Sauerstoff erreichten.
Auf himalaya-info.org findet sich ein guter Überblick zur Besteigungsgeschichte.
Route
Ablauf
Erdbebendesaster am höchsten Berg der Erde
Vom 6. April bis zum 6. Juni 2015 wollten wir auf unserer Expedition zum Mount Everest unterwegs sein. Nach der Ankunft in Kathmandu, Nepal (1300 m) reisten wir mit dem Bus über Kodari (1660 m) nach Zhangmu, Tibet (2350 m). In Nyalam (3800 m) verbrachten wir zwei Akklimatisationstage, bevor wir mit dem Geländewagen weiter nach Old Tingri (4350 m) fuhren. Dann ging es ins Fahrerlager oder Chinese Basecamp auf 5200 Meter Höhe weiter, in dem weitere Tage zur Akklimatisation folgten. Nachdem wir bereits einmal im Zwischenlager (IC 58000 m) übernachtet hatten und uns gerade bereit machen wollten, den Umzug ins Vorgeschobene Basislager (ABC 6400 m) anzugehen, brach unversehens das verhehrende Erdbeben des 25. April 2015 über die Himalaya-Region herein. Während die Folgen auf der Nordseite des Mount Everest überschaubar waren, kamen im Basislager der Südseite des Berges 11 Menschen ums Leben, viele Tausende mehr in den, dem Epizentrum im Kathmandu-Tal nahe gelegenen Regionen Nepals. Im Angesicht dieser Tragödie beschlossen wir, unsere Expedition umgehend zu beenden und reisten Ende April über Peking und Frankfurt nach Hause zurück.
Expeditionstagebuch
Montag 6. – Donnerstag 9.4.: Goodbye Germany, Hello Nepal
Nun ist es endlich so weit! Am Ostermontag traten wir anstelle von Ostereiersuchen unsere Reise zum Mount Everest an. Im Laufe des Vormittags fuhren wir von zu Hause an den Flughafen München und checkten mittags völlig entspannt bei Qatar Airways ein. In einem netten kleinen Kreis verabschiedeten wir uns bei Weißbier und Brez´n von unseren Begleitern und begaben uns anschließend zum Flugsteig. In 5 1/2 Stunden ging es nach Doha, der Hauptstadt von Qatar, wo wir einige Stunden auf unseren Weiterflug nach Nepal warten mussten. In aller Herrgottsfrüh verließen wir Doha wieder und flogen in 4 1/2 Stunden nach Kathmandu weiter, in dem wir am späten Mittag ankamen. Die nepalische Haupststadt empfing uns mit warmen Temperaturen um die 30 Grad und einem Generalstreik, der Verkehr und Wirtschaftsleben der Metropole vollständig lahmgelegt hatte.
Gleich nach dem Frühstück machten wir uns am nächsten Tag zusammen mit Dominik Müller, dem Leiter der AMICAl alpin Everest Expedition 2015, sowie Helga, Jürgen, Peter und Andreas, dem Bergsteigerpaar Nancy und Ralf, und unseren Kollegen Hannes, Nils und Alex von Third Pole/BR zum Lager unserer Agentur auf, um die angekommene Aircargo zu kontrollieren und noch ein paar Dinge aus den eingelagerten Expeditionstonnen zu entnehmen. So plötzlich der Generalstreik angefangen hatte, so schnell war er auch wieder beendet und wir mussten uns erst einmal einen Weg durch das übliche Verkehrschaos der Stadt erkämpfen. Nach einem kleinen Bummel und etwas Relaxen im Hotel trafen wir uns abends zum gemeinsamen Abendessen im „Rumdoodle´s“. Dort hatten wir uns auch mit Billi Bierling verabredet, die unsere Expeditionsdaten für die Himalayan Database Elizabeth Hawley´s aufnahm. Mit einem „Everest Beer“ ließen wir den Abend passend zusammen ausklingen.
Frühmorgens fanden wir uns am nächsten Tag schon wieder im Empfangsraum eines ranghohen Lamas im Stadtteil Bodnath ein. Unsere Agentur hatte eine Puja (buddistische Andachtsfeier) für uns organisiert, um den Segen der Götter für unsere bevorstehende Expedition zu erbeten und uns gebührend zu verabschieden. Eine sehr schöne Einstimmung auf die bevorstehende Anreise nach Tibet. Anschließend bummelten wir etwas durch die Stadt und machten uns nachmittags daran, unsere Taschen für die Abreise zu packen und letzte Vorbereitungen zu treffen. Morgen soll es bereits um 6.00 Uhr in der Früh losgehen. In etwa 5 Stunden Fahrt werden wir den Grenzübergang in Kodari erreichen und noch am selben Tag die Grenze nach Tibet überschreiten. Je nachdem, wie weit der Tag dann fortgeschritten ist, verbringen wir die Nacht in Zhangmu (2300 m), dem tibetischen Grenzort, oder fahren noch bis Nyalam (3800 m) weiter, von wo aus wir uns das nächste Mal wieder melden werden.
Freitag 10. – Sonntag 12.4.: Anreise nach Tibet
Ein zeitiger Aufbruch um 6.00 Uhr führte uns durch die noch leeren Strassen Kathmandus mit einem kurzen Zwischenstopp in 4 Stunden bis nach Kodari an der nepalisch-tibetischen Grenze. Nach dem Überschreiten der Friendship Bridge liessen wir die langwierigen Pass- und Zollkontrollen auf der chinesischen Seite über uns ergehen, ehe wir nachmittags noch die kurze Weiterfahrt nach Zhangmu (2300 m) hinter uns brachten. Alle Ausruestung war gut über die Grenze gelangt, das Schwierigste war geschafft. Nun befanden wir uns in Tibet!
Eine tief in die Schlucht eingekerbte Passstrasse brachte uns anderntags in gut 2 Fahrstunden nach Nyalam (3800 m), einem kleinen, trostlosen Nest, in dem wir die nächsten 1 1/2 Tage zur Akklimatisation verbringen wollten. Ein kurzer Bummel durch den Ort war fuer den Nachmittag genug Programm ehe es zum Abendessen in ein einfaches Lokal ging und wir unsere Nachtruhe im Snowland Hotel antraten.
Heute unternahmen wir eine schöne Akklimatisationswanderung auf einen felsigen Hügel direkt über dem Ort. Der mit Gebetsfahnen geschmückte Grat, über den wir auf den 4400 Meter hohen Gipfel aufstiegen, bot uns eine malerische Aussicht auf die Berge des Jugal- und Langtang-Himals im Süden und das Shisha Pangma-Massiv im Norden. Nach einem späten Mittagessen hatten wir nachmittags noch reichlich Zeit zum Entspannen und Bummeln im Ort.
Morgen soll es in 4 1/2 Stunden Fahrt über gut asphaltierte Strassen nach Tingri (4350 m) gehen. Dabei werden wir den Lalung La-Pass (5150 m) überqueren und bei hoffentlich gutem Wetter einen schönen Blick auf die Shisha Pangma (8027 m) haben und unsere Erlebnisse von 2013 noch einmal Revue passieren lassen können. Mit etwas Glück und, vor allem, funktionierender Internetverbindung, werden wir uns von Tingri wieder melden.
Montag 13. – Dienstag 14.4.: Fahrt nach Tingri
Über Nacht hatte starker Schneefall eingesetzt, so dass zum Morgengrauen die gesamte Landschaft unter einer geschlossenen Schneedecke verborgen lag. Auch die Straße in Nyalam war von tiefem Schneematsch bedeckt. Einige Zeit war es ungewiss, ob wir bei diesen Straßenverhältnissen würden aufbrechen können. Die Passstraße führt auf eine Höhe von über 5000 Metern hinauf und so etwas wie einen Winterdienst gibt es in Tibet nicht. So zogen wir uns nach dem Frühstück wieder auf unsere Zimmer zurück und vertrieben uns die Zeit, bis Neuigkeiten eintreffen würden. Endlich kam die Freigabe der Polizei und die Fahrer ließen ihre Motoren warm laufen. Gegen Mittag brachen wir im Convoy mit einem Kleinbus, einem SUV und zwei Lkws für die Ausrüstung in Richtung Tingri auf. Nach einer guten Stunde schon hatten wir den Lalung La Pass auf 5150 Meter Höhe erreicht. Bislang war die Straße in gutem Zustand gewesen, doch über die letzten Serpentinen und die nun folgenden Hochflächen bedeckte der Schnee den Asphalt und die Fahrer mussten immer wieder Schneewehen ausweichen. Je weiter wir den Himalaya-Hauptkamm hinter uns ließen und auf die Tibetische Hochebene gelangten, desto trockener wurde die Umgebung jedoch wieder und auch das Wetter besserte sich zusehends. Nach gut dreistündiger Fahrtzeit erreichten wir schließlich den kleinen Ort Tingri (4350 m) inmitten einer weitläufigen Ebene. In einer schlichten Herberge am Ortsende bezogen wir unsere Zimmer und machten uns anschließend noch auf einen Bummel durch den Ort auf, um uns etwas umzusehen und einige Einkäufe zu tätigen. Zu Abend aßen wir im Speisesaal des größten „Hotels“ im Ort, der sich mit diversen Expeditionsgruppen für Cho Oyu und Mount Everest gut gefüllt hatte.
Anderntags hatte sich das Wetter wieder etwas gebessert. Der Wind, der am Vortag noch sehr stark und kalt gewesen war, hatte sich gelegt und eine dünne, milchige Schicht hoher Wolken bedeckte den Himmel. Es war angenehm warm – für tibetische Verhältnisse – und die Wanderung, die wir zur Verbesserung der Akklimatisation auf einen Aussichtshügel am Ortsrand unternahmen, entspannt und kurzweilig. Vom üppig mit Gebetsfahnen geschmückten Gipfel hatte man einen wunderbaren Ausblick auf die gesamte Hochebene, den Ort und die niedrigeren Gipfel des Himalaya-Hauptkamms. Leider entzogen sich der Everest und der Cho Oyu unseren Blicken, da sie sich dicht mit Wolken umhüllt hatten. Während des Aufstiegs ging es uns beiden, Alix und Luis, sehr gut und am Gipfel spürten wir keinerlei Unwohlsein oder Kopfweh. Eine beruhigende Tatsache angesichts der abermaligen Schlafhöhensteigerung, die uns am nächsten Tag erwarten würde. Nachmittags besuchten wir den alten Teil des Ortes und sahen uns die teils schön verzierten, traditionellen Tibeterhäuser in „Old Tingri“ an. Gegen Abend klarte sogar noch der Himmel etwas auf und schenkte uns eine wunderbare Sonnenuntergangsstimmung als Ausklang des Tages.
Morgen werden wir im Laufe des Vormittags zum Chinese Basecamp (CBC) oder auch „Fahrerlager“ auf 5200 Meter Höhe aufbrechen. Eine gute, aber geteerte Straße, die hier in Tingri ihren Ursprung nimmt, führt über 76 Kilometer bis zur Mündung des Rongbuktals, dem Tor zum Mount Everest. Hier befindet sich der Ausgangspunkt zur Besteigung des Berges und unser Zuhause für die nächsten Wochen.
Ab 15. April läuft auch das Expeditionstagebuch des BR (klicken) mit Videos und bewegten Eindrücken unserer Expedition. Schaut mal rein!
Mittwoch 15. – Freitag 17.4.: Akklimatisationstage im Basislager
Vormittags verließen wir Tingri und bogen gleich hinter dem Ort auf eine Staubstraße ein, die uns nach Süden über die weitläufige Hochebene führte. Noch bevor es überhaupt losgegangen war, hatten wir mit unserem Kleinbus bereits zwei platte Reifen gehabt, die unser Fahrer jedoch rasch in einer Werkstätte austauschen ließ, während wir frühstückten. Das war auch gut so, denn die Trasse, die zum Basislager leitete, war rau und in schlechtem Zustand. An mehreren Passagen befanden sich größere Baustellen, die man mühsam umfahren musste. Nach 76 Kilometer Strecke kamen wir aber doch mittags gut im Lager an, nachdem wir das Rongbuk-Kloster und das gegenüberliegende Everest View Hotel passiert hatten. Für eine Besichtigung war durch die Straßen bedingten Verzögerungen leider keine Zeit mehr. Dies würde bis zur Abreise warten müssen. Unser Begleitteam hatte bereits dafür gesorgt, dass Küchen- sowie Messzelt und alle Schlafzelte aufgebaut waren.
Das Lager in 5160 Meter Höhe war direkt vor der Zungenmoräne des Rongbuk-Gletschers aufgebaut, auf deren weiten Sanderfläche sich etwa ein Dutzend Expeditionsgruppen häuslich eingerichtet hatten. Vor unserer Abreise aus Kathmandu hatte uns Billi Bierling von knapp 190 angemeldeten Bergsteigern berichtet, andere Quellen sprachen von etwa 230 Registrierten. Dazu kommt noch einmal dieselbe Anzahl an Climbing Sherpas sowie Hilfs- und Küchenkräften, was die Lagerpopulation auf etwa 500 Einwohner für diese Saison anschwellen lässt. Das mag einem bei einem so extravaganten Bergziel wie dem höchsten Berg der Erde vielleicht viel vorkommen. Wenn man aber bedenkt, dass mehr als dieselbe Anzahl an Menschen täglich auf den höchsten Berg Deutschlands, die Zugspitze, steigen oder fahren, ist es wohl übertrieben, in dieser Beziehung von „Massentourismus im Himalaya“ zu sprechen, wie dies bereits manche Medien titulierten. Auf der anderen Seite, war diese hohe Anzahl an Gipfelaspiranten für uns schon etwas Ungewohntes, da wir uns bislang immer einsameren Bergzielen verschrieben hatten. Der Everest selbst verbarg sich vor diesem ganzen Andrang und hüllte sich in Wolken. Nur ab und an schimmerte etwas Fels oder Eis durch die zähen Wolkenschleier und ließ erahnen, was für ein Koloss sich hinter all dem Weiß verbarg.
Während der folgenden Tage, in denen wir unser Lager weiter einrichteten und kleine Akklimatisationswanderungen unternahmen, sollten wir den Berg noch besser zu Gesicht bekommen. In der ganzen Zeit war das Wetter wechselhaft, Schneeschauer folgten Sonnenschein, stürmischer Wind ruhigen Verhältnissen. Am Berg liegt erkennbar viel Schnee, der den weiteren Fortschritt voraussichtlich verzögern wird. Bislang hat noch kein Expeditionsteam das ABC (6400 m) erreicht. Erste Bestrebungen, das Intermediate Camp (5900 m) aufzubauen, laufen derzeit. Auch die Routenversicherung, die seit einigen Jahren von einem eigenständigen chinesischen Bergsteigerteam bewerkstelligt wird, ist noch nicht weit vorangeschritten. Ein erster Versuch, das North Col (7050 m) zu erreichen, wird in den folgenden Tagen begonnen werden. Noch drängt die Zeit allerdings zu gar nichts, wir sind eben erst angekommen und werden insgesamt fünf bis sechs Tage im CBC zubringen, um uns gut zu akklimatisieren, ehe wir an den nächsten Schritt denken.
Samstag 18. – Montag 20.4.: Basislager
Mit Akklimatisationswanderungen und diversen Vorbereitungen für den nächsten Höhensprung auf das Intermediate Camp (IC) vergingen die letzten Tage wie im Fluge. Leider hat es unseren „Rasenden Reporter“ vom BR, Alex, mit der Höhenkrankheit erwischt. Er musste heute Vormittag mit dem Jeep nach Tingri hinaus fahren, um sich auf einem niedrigeren Höhenniveau zu erholen und nach ein paar Tagen mit stabiler Verfassung wieder zu kommen. Wir wünschen ihm gute Besserung und hoffen, dass er sich in geringerer Höhe rasch wieder erholt.
Das IC (ca. 5900 m) ist mittlerweile komplett eingerichtet und auch das Advance Basecamp (ABC, 6400 m) wird ab morgen aufgebaut. Wir werden morgen, Dienstag 21.4., zum Intermediate Camp gemütlich in vier bis fünf Stunden hinaufwandern und dort zwei Nächte zur Akklimatisation verbringen. Danach kehren wir hierher ins CBC zurück und legen ein bis zwei Ruhetage ein. In der Zwischenzeit sollte das ABC stehen, in das wir dann anschließend aufsteigen können, um von dort aus die nächsten Etappen der Akklimatisation am Berg anzugehen. Der viele Schnee, der teils vom Winter noch übrig geblieben war und zusätzlich am 12./13. April gefallen ist, erschwert derzeit das Vorwärtskommen an vielen Bergen des Himalaya. Auch an unserer niederschlagsärmeren Nordseite des Everest muss man sich derzeit vom IC zum ABC durch knietiefen Schnee plagen. Entsprechend mühsam und zäh verläuft die Einrichtung der Lager und der Route am Berg. Mittlerweile ist das Wetter allerdings schön und stabil, der Schnee setzt sich und ein Fortschritt beginnt sich abzuzeichnen. Wir sind optimistisch, dass die nächsten Tage eine weitere Verbesserung der Verhältnisse erbringen werden. Nach der Rückkehr aus dem Intermediate Camp melden wir uns wieder mit unseren Eindrücken und Erlebnissen vom „Fuß des Everest“.
Dienstag 21. – Samstag 25.4.: Intermediate Camp und Ruhetage
Gemütlich brachen wir bei Sonnenschein und wolkenlosem Himmel um 10.00 Uhr auf, nachdem wir gefrühstückt und unsere Sachen gepackt hatten. Für die bevorstehenden Akklimatisationstage genügte uns nur ein Rucksack mit Schlafsack, Isomatte und den notwendigsten Dingen. Das Intermediate Camp (IMC, 5780) war bereits die Tage zuvor mit Schlafzelten und Küche eingerichtet worden. Wir nahmen den flachen Fusspfad über die orografisch rechte Moräne des Rongbuk-Gletschers bis zu seiner Verzweigung mit dem East Rongbuk-Gletscher, wo wir letzterem weiter nach links folgten. Ab diesem Punkt begann das Gelände etwas anzusteigen und leitete über mehrere kurze Anstiege das Seitental hinauf. Nicht nur wir wollten heute zum Lager aufsteigen, auch viele schwer beladene Yaks befanden sich mit ihren Treibern auf dem Weg zum Advanced Basecamp (ABC, 6400 m). Immer wieder waren wir gezwungen überholenden oder entgegen kommenden Karawanen auszuweichen. Unser Weg führte uns immer weiter auf die eindrucksvolle Nordwand des Everest zu, deren Couloirs und Felsstufen mit jedem Meter deutlicher zu erkennen waren. Die kräftige Sonne der letzten Tage hatte den vielen Schnee gut gesetzt und weggeschmolzen, so dass wir mit unseren Trekkingschuhen keinerlei Probleme beim Aufstieg hatten. Etwas zuvor war uns noch von knietiefem Schnee auf dem Weg zum ABC berichtet worden. Kurz bevor die Wegspur von der Seiten- auf die Mittelmoräne des Gletschers überwechselte, erreichten wir nach gut fünf Gehstunden unser „Zwischenlager“ oder Intermediate Camp unter den Flanken des Changzheng Peak (6977 m). Unter den letzten Strahlen der Abendsonne genossen wir den Ausblick auf die zerrissenen Eistürme des Gletschers und die vielen steilen Flanken der Everest-Trabanten, ehe es Zeit für Abendessen und Nachtruhe wurde. Zwischen unserem Dutzend Hochgebirgszelten rastete eine ganze Herde Yaks, deren rhythmisches Glockengebimmel uns sanft in den Schlaf wiegte.
Schon früh warf uns die Sonne am nächsten Tag wieder aus den Betten, bereits um 6.00 Uhr fielen die ersten Strahlen auf unser Zelt. Beide hatten wir gut geschlafen und weder Kopfweh noch andere Probleme während der Nacht gehabt. Nach einem ausgedehnten Frühstück machten wir uns auf den Weg zu einer Wanderung das Tal hinauf und folgten dem Gletscherverlauf bis zu einer Höhe von knapp 6000 Metern. Die mächtigen Gletscherzungen, die uns links und rechts der Mittelmoräne bei unserem Aufstieg flankierten, waren mit einer Vielzahl an Zacken und Klüften übersäht. Auf dem Rückweg begegneten uns einige andere Bergsteiger, die nach ein paar Tagen im Basislager gar nicht schnell genug ins ABC kommen konnten. In der Akklimatisationsphase ist durch Ungeduld indes niemals etwas zu gewinnen, ganz im Gegenteil. Auch wenn das Ausharren, Warten und Nichtstun jedes Mal eine große Geduldsprobe und Belastung ist, zeigt sich doch nirgends anders deutlicher der Wahrheitsgehalt des Sprichworts „In der Ruhe liegt die Kraft“. Aus dem Grund ließen wir uns genug Zeit und wollten nach einer weiteren Nacht im IMC wieder ins Basislager absteigen, um dort ein bis zwei Ruhetage zur Erholung zu verbringen. Erst danach werden wir erneut über das IMC erstmals auch ins Advanced Basecamp aufsteigen.
Gut ausgeruht machten wir uns am nächsten Morgen nach dem Frühstück auf den Abstieg ins Basislager. Bergab verflog die Wegstrecke wie im Nu und nach nur gut 2 ½ Stunden Gehzeit liefen wir wieder bei unseren Zelten im Lager ein. Nach einem üppigen Mittagsmahl wartete eine erfrischende Dusche und ein gutes Buch als Nachmittagsprogramm.
Die beiden anschließenden Ruhetage im Basislager brachten durchwachsenes Wetter mit sich. Immer wieder trieben Schneeschauer von Norden durchs Tal und brachten dichte Bewölkung und etwas Niederschlag mit sich. Einstweilen hatten wir auch von Alex Nachricht erhalten. Er war bis nach Zhangmu hinab gefahren und hatte sich dort gut von seiner beginnenden Höhenkrankheit (AMS) erholt. Mittlerweile befand er sich schon auf der Rückfahrt über Nyalam und Tingri und sollte in Kürze wieder zu uns im Basislager stoßen.
Morgen wollen wir ins IMC (5780 m) und tags darauf weiter ins ABC (6400 m) aufsteigen. Die nächsten fünf bis sechs Tage werden wir uns im ABC einrichten und weiter akklimatisieren. Die Route ist mittlerweile bis auf etwa 7500 Meter Höhe präpariert, so dass wir voraussichtlich schon Camp 1 im Nordcol (7050 m) und vielleicht sogar Camp 2 (7600 – 7800 m) einrichten werden können. Es ist nicht erlaubt (und auch nicht unbedingt sinnvoll), das chinesische Fixierteam zu überholen. Nachdem dieses, nach anfänglich etwas zögerlichem Fortschritt, nun aber doch zügig vorwärts kommt, ist nicht zu befürchten, dass es zu Stauungen kommt.
Samstag 25.4.: Erdbeben
Um ca 12.00 Uhr ereignete sich ein Erdbeben im Himalayagebirge, dessen Epizentrum ca. 70 Km westlich von Kathmandu entfernt gelegen sein und dessen Stärke bei 7,7 der Richterskala gelegen haben soll. Ein zweiter, leichterer Erdstoß ereignete sich etwa eine halbe Stunde später. Das Beben war im Everest BC deutlich spürbar, es ereigneten sich kleinere Bergstürze und Gerölllawinen. Zu Schaden kam niemand. Uns geht es gut und im Basislager sind alle wohlauf!
Sonntag 26.4.: Der Tag nach dem Beben
Gestern ein Schock, heute das Thema aller Nachrichten: Das große Erdbeben, das sich gestern mit Epizentrum ca. 70 Km westlich von Kathmandu ereignete. Der erste, etwa 30 Sekunden lange und stärkste Erdstoß erfolgte gegen 12.00 Uhr Mittag (nepalische Ortszeit), ein zweiter, schwächerer, eine halbe Stunde später, ein dritter, ebenfalls schwacher, gegen 15.00 Uhr. Auch heute bebte die Erde wieder, kurz nach 5.00 Uhr morgens und gegen 12.00 Uhr waren hier in Tibet deutliche Erdstöße zu verzeichnen. In Nepal soll es seitdem ganze 32 Beben gegeben haben. Trotz der zahlreichen Erdstöße kam es hier auf der Nordseite des Everest zu keinen Schäden. Einige Gerölllawinen und ein kleiner Bergsturz ereigneten sich im Bereich des Basislagers. Am Nordsattel war die Rede von Rissen und Verwerfungen in der Eisflanke, mit der Gefahr der Destabilisierung der Wechtenkrone des Cols. Obwohl die Versicherungsarbeiten am gestrigen Tag weiter getrieben wurden, kam es offensichtlich zu keinen Unfällen mit Personenbeteiligung. Auch das bereits etablierte ABC (6400 m) blieb von Lawinen verschont. Sämtliche Bergsteiger, Climbing Sherpas und Hilfskräfte steigen heute zurück ins Basislager ab, um Bilanz zu ziehen und zu entscheiden, wie es weitergehen soll. Anders stellt sich die Situation auf der Südseite des Berges dar. Berichte sprechen mittlerweile von vielen Todesopfern im Basislager und im Bereich der Route durch den Khumbu Eisfall hinauf zum Lager 1. Viele Dörfer des Solu Khumbu, des Mittellandes und natürlich auch die Hauptstadt Nepals, Kathmandu, sind vom Erdbeben stark betroffen. Die meisten der hier auf der Nordseite arbeitenden Nepalis haben Familie und Angehörige, von denen sie keine oder nur spärliche Nachrichten über deren Wohlergehen erhalten haben. Wir sind tief getroffen von dieser großen Katastrophe und unser Mitgefühl gilt zu allererst diesen Menschen, die um ihre Familien bangen müssen oder Angehörige verloren haben. Wir trauern mit der Bevölkerung Nepals um die zahlreichen Todesopfer, die dieses Erdbeben gefordert hat.
Wie es bei uns weiter gehen wird, wissen wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht. Der Everest ist für uns jedenfalls momentan in weite Ferne gerückt – es gibt andere Dinge im Leben, die momentan wichtiger sind, als sich an einem Berg selbstzuverwirklichen! Heute Nachmittag wird eine Zusammenkunft aller Expeditionsleiter, Climbing Sherpas und der zuständigen Vertreter der chinesischen Regierung stattfinden, die über den weiteren Verlauf der Expeditionen beraten werden. Ob es derzeit allerdings eine Möglichkeit gibt, über den Landweg (Zhangmu – Kodari) nach Kathmandu zurückzukehren und von dort aus die Heimreise antreten zu können, ist ungewiss. Sobald Klarheit über das weitere Vorgehen herrscht, werden wir uns wieder melden.
Montag 27.4.: Abbruch der Expedition
Angesichts der größten humanitären Katastrophe der jüngeren Geschichte Nepals und aus Respekt und Mitgefühl gegenüber der großen Zahl der Todesopfer und deren Angehörigen im ganzen Land und sogar an unserem Berg – der Südseite des Everest – haben wir uns dazu entschlossen, unsere Everest Expedition abzubrechen. Auch wenn auf der Nordseite keinerlei Schäden an Material oder Mensch zu verzeichnen sind, können und wollen wir unsere Augen vor dem Leid, das sich zugetragen hat, nicht verschließen. Darüber hinaus möchten wir nicht der Grund dafür sein, weshalb nepalische Helfer, Köche und Climbing Sherpas weiterhin vor Ort gehalten werden und nicht zu ihren Familien nach Hause können, um dort nach dem Rechten zu sehen. Eine Weiterführung der Expedition würde uns unter den gegebenen Umständen nicht richtig erscheinen, selbst ein möglicher Gipfelerfolg würde sich schal und nichtig anfühlen. Wir könnten über ihn keine Freude empfinden. In den kommenden Tagen werden wir versuchen, unsere Heimreise über Lhasa anzutreten. Jeder Bergsteiger muss diese Entscheidung aber für sich selbst treffen. Wir haben auch Verständnis für diejenigen, die ihre Chance am Everest – vielleicht die einzige im ganzen Leben – nach wie vor nutzen möchten. Auch uns ist die Entscheidung nicht leicht gefallen. Wir waren bestens vorbereitet, hatten uns am Berg gut akklimatisiert und waren für die bevorstehende Aufgabe hoch motiviert. Letztendlich entscheiden wir aber immer nach unserem Gefühl, und das fühlt sich dieses Mal nicht richtig an. Wir zählen auf das Verständnis unserer Unterstützer und Partner und danken ihnen für das entgegengebrachte Vertrauen. Wir hoffen, dieses durch unsere Entscheidung nicht enttäuscht zu haben. Unser Mitgefühl gilt all jenen, die Familie, Angehörige oder Freunde in dieser Katastrophe verloren haben – egal ob Einheimische aus Nepal oder Bergsteiger und Trekker aus fernen Ländern. Ihnen wünschen wir viel Kraft und Unterstützung in dieser schweren Zeit!
Mittwoch, 29.4.: Die Tage danach
In den Nachrichten haben wieder andere Themen das große Erdbeben als Top News abgelöst. Dennoch beschäftigen die Nachfolgen des Bebens Menschen und Gemüter weltweit, wie wir auch anhand der Reaktionen auf unser Expeditionstagebuch erfahren durften. Und das ist gut so. Denn nur so bleibt Nepal in den Köpfen der Menschen, wenn es darum geht, diesem leidgeplagten Land zu helfen und es beim Wiederaufbau zu unterstützen. Auch wenn viele von uns hier im Everest Basislager gerne selbst nach Kathmandu reisen und ihre Hilfe anbieten würden, es ist unmöglich. Die Straßenverbindungen über Zhangmu und Kodari in die nepalische Hauptstadt sind derart schwer in Mitleidenschaft geraten, dass es Wochen benötigen wird, sie wiederherzustellen. Darüber hinaus würde blinder Aktionismus auch keine wirkliche Hilfe bedeuten. Nur mit einer entsprechenden Ausbildung und in eine funktionierende Organisation eingebunden, macht Hilfeleistung Sinn. Ein Vertreter einer nepalischen Trekkingagentur brachte es im Gespräch mit einem Freund auf den Punkt, als es darum ging, wie man weiter verfahren solle: „Macht was Ihr wollt, aber kommt bitte nicht nach Kathmandu zurück. Wir haben auch ohne, dass wir Quartier und Verpflegung für Euch suchen müssen, momentan genügend Probleme.“ Deshalb sind wir froh, dass die chinesischen Behörden nunmehr einer alternativen Ausreiseroute über Lhasa zugestimmt haben. Am 30.4. werden wir voraussichtlich das Basislager verlassen und in zwei Tagen über Shigatse nach Lhasa reisen. Von dort hoffen wir mit einem Flug über Delhi oder Peking die Heimat wieder zu erreichen. Seit dem 25. April ereigneten sich hier täglich mehrere, deutlich spürbare Erdstöße in Tibet. Experten warnen vor einem weiteren großen Beben in der Region.
Mit uns verlässt auch die gesamte Gruppe von AMICAL alpin das Basislager. Alle Teilnehmer haben sich vor dem Hintergrund der Katastrophe dafür ausgesprochen, die Expedition zu beenden. Expeditionsleiter Dominik Müller wird noch länger am Berg zurückbleiben und für die geordnete Rücksendung allen Materials sorgen, dafür sei ihm herzlich gedankt! Momentan laufen Gespräche mit den chinesischen Vertretern von Regierung und Chinese Tibetan Mountaineering Association über die Fortführung der Expeditionssaison. Der Ausgang ist noch ungewiss. Von einer Wiedereröffnung der Route bis zur kompletten Sperrung ist alles möglich. Dennoch hoffen wir, dass unabhängig davon noch weitere Expeditionen – am besten alle – diesem Weg folgen werden, um die Helfer aus Nepal freizustellen. Damit können auch die Begleitmannschaften aus Nepal früher in ihre Heimat zurückkehren, was allerdings aufgrund der erschwerten Reisebedingungen nicht ganz einfach werden wird. Wir wünschen uns, dass alle – nepalische Helfer wie Bergsteiger – möglichst bald und sicher zu ihren Familien nach Hause zurückkehren können.
Update 14.00 Uhr (Ortszeit Nepal): Wie eben in einer Konferenz im Basislager des Mount Everest (Nordseite) von der CTMA verkündet wurde, sind ab sofort sämtliche Achttausender in Tibet für eine weitere Begehung gesperrt. Alle Expeditionen müssen ihre Arbeiten einstellen und im Laufe der nächsten Tage/Woche aus Tibet ausreisen. Dies gilt auch für den Mount Everest. Begründet wurde dieser Schritt mit der anhaltend großen Erdbebengefahr und einem erwarteten weiteren großen Erdstoß mit Zentrum in Tibet. Obwohl bereits vor einigen Tagen sämtliche Teams ins Basislager (CBC) zurückbeordert wurden, befinden sich noch immer einige Bergsteiger am Berg (vorrangig ABC). Die CTMA wird sich in den folgenden Tagen um eine geordnete Ausreise aller internationaler Bergsteiger über Lhasa bemühen und die notwendigen Dokumente und Hilfsleistungen bereitstellen.
An alle Leser möchten wir appellieren, die nepalische Regierung und internationale Hilfsdienste bei der Bewältigung dieser Krise zu unterstützen. Auch wir werden unser Möglichstes dazu beitragen. Wir bedanken uns bei allen, die bei dieser ach so kurzen Expedition mitgefiebert und uns den Daumen gehalten haben! Seid versichert, Everest, wir kommen wieder! Irgendwann.
Alix & Luis